WIRIC
In Frankfurt und Langen trafen sich junge Leute, die eine Jugendzeitschrift gründen wollten; in Buchschlag kam es zu internen Spannungen in der Evangelischen Jugend, was zum Austritt fast aller Mitglieder führte.
1962 erschien die erste Ausgabe der „Zeitschrift von der Jugend für die Jugend WIR“ mit einer Startauflage von 2000 Exemplaren und wurde zu einer der größten jugendeigenen Zeitungen in Hessen; der Bürgerverein Buchschlag e.V. hatte plötzlich eine Jugendgruppe, die sich „Jugendclub Buchschlag“ nannte. Beide Gruppen trafen sich zunächst im früheren und zwischenzeitlich abgerissenen „Café Berck“. Mit der Überlassung von Räumlichkeiten im Feuerwehrhaus durch die Gemeinde Buchschlag waren die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung geschaffen. Die Zahl der Mitglieder des Jugendclubs, die sich überwiegend aus Schülern des Dreieich-Gymnasiums in Langen zusammensetzten, wuchs schnell an, denn das Konzept, jungen Leuten mit Eigeninitiative Gelegenheit zu geben, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten und durch ein eigenes Programm Anregungen zu geben, fand immer mehr Anklang. Hinzu kam, dass gerade im kulturellen Bereich für Jugendliche lediglich in den nahen Großstädten ein Angebot zu finden war, sodass sich hier ein großer Freiraum auftat, um in den Clubräumlichkeiten und im Rathaussaal Buchschlag mit Jazzkonzerten und Jazzbandbällen, Kabarett, Ausstellungen, mit Filmvorführungen, Diskussionsrunde, Fahrten, Theaterbesuchen und Altbürgerweihnachtsfeiern ein interessantes Angebot zu machen.
1963 übernahm der Jugendclub nach einjähriger Kooperation auch die Herausgabe der Zeitschrift WIR, deren Mitarbeiter sich ihm größtenteils anschlossen. Die neuen Mitglieder, unter ihnen eine Reihe Ausländer, waren Studenten an der Universität Frankfurt bzw. an der TU Darmstadt und brachten somit einen internationalen Flair in das Clubleben. Über die Grenzen des eigenen Landes hatte man schon vorher geschaut, denn es war der Jugendclub Buchschlag, der sich als Vorbote der Verschwisterung zwischen Montier-en-Der und Buchschlag im Sommer 1963 mit der Jugend der künftigen Partnerstadt in Frankreich traf.
Die Verschwisterung, die internationalen Mitglieder, Redaktionsmitarbeiter in verschiedenen Ländern, sowie eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Bewegung CIFE in Paris formte aus dem Jugendclub Buchschlag den „Internationalen Club“ des Bürgervereins Buchschlag. Um durch die Übernahme der Zeitschrift WIR diesen Namen nicht sterben zu lassen, wurde er einfach dem Vereinskürzel „IC“ vorgesetzt, der „ominöse“ Begriff W I R I C war entstanden. Doch WIRIC war mehr als nur ein Name, es war und ist ein Programm, denn im § 1 der Satzung heißt es …“WIRIC will zur internationalen Verständigung beitragen und bestehende Vorurteile abbauen helfen.“ … und somit bedeutet WIRIC „Will for International Relations – International Club“.
Obwohl der WIRIC eine Untergruppe des BVB ist, kann er sich „selbst verwalten“, für die damalige Zeit eine relativ unbekannte Form der Zusammenarbeit von Jugendlichen.
Sechs Jahre war der WIRIC alt, als der Rathaussaal in Buchschlag 1968 abbrannte, womit der Club eines seiner beiden Kommunikationszentren verloren hatte. Zwei Jahre später musste er auch seine Clubräume im Feuerwehrhaus räumen, da sie von der Gemeinde als Sitzungssaal für ihre Parlamentarier benötigt wurden. Als Ersatz erhielt man die vergammelten Kellerräume in der Villa Lina, die von nun an als provisorisches Rathaus genutzt wurde. Der Club schien am Ende: Veranstaltungsmöglichkeiten gab es keine mehr und der Clubtreff bestand aus zwei nassen und kalten Kellerräumen. Ein Großteil der Mitglieder war nun beruflich engagiert und für den Nachwuchs war die Notsituation unattraktiv.
Dies bedeutete auch das Ende für die Herausgabe der mittlerweile in Zusammenarbeit mit der „Fédération Internationale des Jeunes Européens“ als europäische Jugendzeitschrift erscheinende „jeunesse“ mit Redaktionen in England, Frankreich und Italien. Mangels personeller und finanzieller Möglichkeiten der Heimatredaktion musste sie eingestellt werden.
Es dauerte drei Jahre und bedurfte stark finanzieller Unterstützung durch die Gemeinde Buchschlag und den Bürgerverein, um die Räumlichkeiten so herzurichten, dass der Kellerclub als Treffpunkt wieder angenommen wurde.
Konzeptionelle Änderungen ergaben sich sowohl aus der veränderten kommunalen Situation wie auch aus der gewandelten Mitgliederstruktur. Die Gemeinde Buchschlag war ein Teil der Stadt Dreieich geworden, Jugendzentren entstanden und das Kulturelle wurde durch das umfangreiche Angebot der städtischen Bürgerhäuser abgedeckt. Somit war es auf Dauer immer schwerer, eine eigenständige jugendorientierte Kulturarbeit im neuen Bürgersaal Buchschlag zu leisten. Bedingt durch die einsetzende Veränderung der Mitgliederstruktur – mehr Schüler und Auszubildende und weniger Studenten – verlagerten sich die Aktivitäten noch mehr in den Club hinein. Neben der Erweiterung und dem weiteren Ausbau der Räumlichkeiten entstanden verschiedene Arbeitsgemeinschaften, von denen die Ton- und die Video-AG auch außerhalb des Clubs mit städtischen Einrichtungen, verschiedenen Vereinen und Schulen zusammenarbeiteten. Neben einzelnen kulturellen Sternstunden wie der Auftritt von Mercedes Sosa im Bürgersaal Buchschlag oder die „Semana Mexicana“ im Bürgerhaus Sprendlingen im Rahmen der Frankfurter Buchmesse war von nun an Kooperation das Gebot der Stunde: ART-POINT mit dem Kulturellen Förderkreis Buchschlag, JAZZ IN DER BURG mit dem Bürgerhaus Sprendlingen, RUND UMS RATHAUS mit dem Bürgerverein Buchschlag oder die Beteiligung am SENIOREN-FERNSEHEN-DREIEICH (SFD) der Weibelfeldschule sind Beispiele hierfür.
1991 erhielten die kooperierenden Arbeitsgemeinschaften Video der Weibelfeldschule und des WIRIC den Förderpreis an Kulturschaffende in der Stadt Dreieich auf dem Gebiet „Foto-Film-Video“. Das sich daraus entwickelnde SCHUL-FERNSEHEN-DREIEICH mit seinen verschiedenen Sparten ist zwischenzeitlich zu einer gemeinsam von WIRIC und der Weibelfeldschule getragenen Institution geworden, die bundesweit bekannt ist und durch die Stadt Dreieich, den Kreis Offenbach, das Kultusministerium und das Ministerium für Wissenschaft und Kunst in unterschiedlichster Form gefördert wurde bzw. wird.
Einhergehend mit der erfolgreichen Videoarbeit erlebte der WIRIC in den folgenden Jahren eine Mitgliederrenaissance, die es ihm ermöglichte, neben neuen Veranstaltungsreihen wie dem DREIEICHER ROLLENSPIEL TREFFEN, dem SIMCON oder dem BUCON besonders seine Clubaktivitäten zu intensivieren. So bot der Club fast täglich in seinen Räumlichkeiten einen Mitglieder-Treff an.
Eine tiefgreifende Zäsur bildete der Verkauf des ehemaligen Rathauses durch die Stadt Dreieich und der damit erzwungene Umzug in das Haus der Generationen im Falltorweg im Jahr 2000. Nach dreißig Jahren kam das Kontrastprogramm: Statt legendärem Kellerclub nun eine kleine Wohnung über zwei Etagen. Dass sich damit das Profil des Clubs fundamental ändern würde, war allen Beteiligten klar, jedoch war dieser Kompromiss die einzige Möglichkeit für einen weiteren räumlichen Verbleib in Buchschlag.
Mit der Schließung und dem späteren Abriss des Bürgersaals in Buchschlag sowie den beengten Clubräumlichkeiten, verlor der WIRIC weitere Gestaltungsmöglichkeiten. So überließ er die Gerätschaften seines ehemaligen Ton- und Videostudios sowie sein Videoarchiv dem SCHUL-FERNSEHEN-DREIEICH zur Nutzung und fördert gemeinsam mit dem AV-Studio der Weibelfeldschule das STADT-FERNSEHEN-DREIEICH [SFD], das seit 2003 über eine Sendelizenz der Landesmedienanstalt Hessen verfügt und im Kabelnetz der MEDICOM auf Kanal 34 in Dreieich zu empfangen ist.
Durch die Digitalisierung des AV-Studios der Weibelfeldschule bekommt die Rollenspiel- und Phantastik-Fraktion des WIRIC wieder hausinterne Konkurrenz. Was schon 2000 eingerichtet, aber letztendlich technisch nicht umsetzbar war, wird im fünfzigsten Jahr der Idee (2011) bzw. des Bestehens (2012) Realität: Die Jugendredaktion "Dreieich Aktuell" des SFD bezieht als Gast wieder ihr Domizil im WIRIC.